On 2011-02-12 10:26, olafBuddenhagen@gmx.net wrote:
http://www.keimform.de/2011/libreoffice-basar-statt-kathedrale/
Auch wenn es in Deinem Text selbst nur eine Nebenrolle spielt, finde ich es angemessen, daran zu erinnern, dass "The Cathedral and the Bazaar" -- entgegen weit verbreiteter Meinung -- nicht wirklich was mit proprietärer und freier Software zu tun hat. (Es werden sogar explizit GNU-Projekte als Beispiele für "Cathedral" angeführt, und keinesfalls propiertäre Programme.) Dass der Text gewissermaßen als Manifesto der Open-Source-Bewegung verstanden wird, hilft der Klarheit des Begriffs "Open Source" nicht gerade...
Die Entgegensetzung Kathedrale-Basaar habe ich dem iX-Artikel entnommen, auf den ich mich beziehe: http://www.heise.de/ix/artikel/Die-Freiheit-die-ich-meine-1170972.html
Es ist richtig, dass es in dem Raymond-Text nicht um Freie Software im Wortsinne geht (4 Freiheiten etc.), sondern eher um die Produktionsweise Freier Software. Danach sind in der Tat die frühen GNU-Projekte als "Kathedrale" einzuordnen, da sie noch nach der alten (in den 1960-80er Jahren) dominanten "ingenieurmäßigen" (eben "kathedralenartigen") Methode aufgezogen wurden. Die "bazaarartige" Entwicklungsweise wurde faktisch durch Linus Torvalds in die Welt gesetzt, Raymond hat das nur versucht zu versprachlichen -- ob gelungen, finde ich nicht so entscheidend: Er hat auf jedem Fall die Metaphern gesetzt.
Freie Software (oder Open Source Software, wie es andere nennen) ist heute eben beides: Produkt und Produktionsweise. Da finde ich es nicht hilfreich, da jetzt künstliche Trennlinien zwischen FS und OS zu ziehen (wie es manchmal getan wird, ich meine jetzt nicht dich).
Als die nach Hamburg übergesiedelte Firma angesichts der übermächtigen M$-Konkurrenz Mitte der 1990er Jahre ins Schwimmen kam, machte sie einen Guerilla-Hack von einigen Star-Division-Entwicklern (StarOffice auf GNU/Linux) öffentlich. StarOffice mutierte schrittweise zu Freier Software.
Dass die Veröffentlichung des "Guerilla-Hacks" ein Schritt in Richtung freier Software war, finde ich sehr weit hergeholt. Die Anwender hatten dadurch ja kein Stück mehr Freiheit.
Ich sehe es als Entwicklungsprozess vom proprietären StarOffice zum heutigen LibreOffice, und da war der Guerilla-Hack ein wichtiger Schritt. Die Bezeichnung ist nicht von mir, aber sie ist treffend: Zunächst hatten StarOffice-Mitarbeiter es zunächst vor ihren Chefs geheim gehalten, dass sie StarOffice auf GNU/Linux zum Laufen brachten, bevor die Firma das Potenzial erkannte (dass sie das dann nicht im Sinne Freier Software umsetzen -- geschenkt, das waren "klimatisch" noch ganz andere Zeiten, lange bevor die legendäre "Open-Sourcifizierung" von Netscape erfolgte). Guerilla-Aktionen sind eben manchmal notwendig :-)
Ciao, Stefan