Hallo,

das Problem scheint mir zu sein, dass bei CAD-Software die Planungsbüros und Zulieferer von zwei Seiten unter Druck stehen.
Ja, das ist richtig, betrifft aber nicht nur CAD Software. Die Problematik ist vielschichtiger. Nur mal ein Beispiel: Im Bereich der Löschanlagen müssen recht umfangreiche exakte Hydraulische Berechnungen durchgeführt werden. Dies ist heute Standard und nicht weiter erwähnenswert, aber: die entsprechende Software gibt es nur für Windows und stark vereinzelt wohl auch für Mac....... - und da nur als Aufsatz für die Platzhirsche, als Autodesk-Software, Microstation oder Bricsys (seit kurzem, nicht aber für die Linux-Variante von Bricscad). Man ist also allein dadurch schon gezwungen mindestens eine dieser Varianten zu verwenden. Diese Software wird heute nicht nur vom Auftraggeber (ich schreibe bewusst Auftraggeber, nicht Bauherren) verlangt, sondern vor allem auch von den Prüfingenieuren und Sachverständigen die die Planung prüfen. Diese können nur mit den Ausgaben der ihnen bekan nten Lösungen etwas anfangen und lehnen daher andere Formate ab - weil sie deren Ergebnisse nicht nachvollziehen können. Dazu kommt, dass ja unsere Auftraggeber in der Industrie meist große Generalplaner sind, Kohlbecker, Assmann u.s.w. und wir in großen Planungsgruppen zusammenarbeiten, vielfach nur verbunden durch das Internet. Es müssen dabei gemeinsame Pläne bis hin zum Koordinationsmodel in 3D erstellt werden, mit denen jeder arbeiten kann. Dafür gibt es schlicht keine Offene Software, und schon gar keine die mit den proprietären Lösungen der anderen zusammen arbeiten könnte. Dazu kommt dann natürlich, dass für derartiges Arbeiten auch entsprechende Meeting-Tools gebraucht werden. In welchem man Bildschirme teilen kann oder gar gemeinsam auf dem Bildschirm arbeiten kann, wo bei Meetings auch locker mehr als 6-8 Teilnehmer aktiv sein können usw., wo Datenbanken eingebunden werden können, Termine verteilt usw usf ...... kurz gesagt, hier hat Microsoft momentan mit MS Teams die Nase ganz weit vorn. Privat benutze ich auch gern Jitsi - aber das ist dagegen nur rudimentär als reiner Videochat mit stark begrenzter Funktion zur Zusammenarbeit zu benutzen. Gerade seit letztem jahr, also seit Covid, haben die proprietären Anbieter ungemein viel Manpower in die Entwicklung und Vervollständigung der Kollaborativen Softwaretools gesteckt. Da habe ich bei OpenSource den Eindruck, ist man fast schon stehen geblieben.
Und zum Anderen die Kunden, die durchsetzen können, dass die Werke der Planungsbüros und Zulieferer in dem proprietären Format der Software abzuliefern ist, die sei selbst verwenden
Ja, und eben nicht nur das. Kunden, Behörden, Projetbeteiligt bis hin zum Sachverständigen und Prüfingenieur. Vieles, was früher mit Paier funktionierte, läuft heute digital und es läßt sich längst nicht alles mit PDF-Dokumenten erledigen. Das hat geradezu zwangsläufig zur Folge, dass sich die ohnehin bereits dominierenden Softwarelösungen noch stärker durchsetzen. 😭 

Gruß, Thoralf


Am 22.03.21 um 11:53 schrieb Dr. Michael Stehmann:
Hallo,

das Problem scheint mir zu sein, dass bei CAD-Software die Planungsbüros und Zulieferer von zwei Seiten unter Druck stehen.

Einerseits die Software-Anbieter, die nur ihr proprietäres, mit sogenannten Immaterialgüterrechten "vernageltes" Format anbieten.

Und zum Anderen die Kunden, die durchsetzen können, dass die Werke der Planungsbüros und Zulieferer in dem proprietären Format der Software abzuliefern ist, die sei selbst verwenden. Auf diese Weise können sie dann auch die Lieferanten über notwendige und kostenaufwändige Investitionen an sich binden (wenn die Konkurrenz eine andere Software im Einsatz hat).

Gruß
Michael





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