Hallo,
On Tue, Apr 19, 2011 at 10:43:13AM +0200, Henry Jensen wrote:
der Abschnitt zur Basisdemokratie ist auch gut, obwohl die Kritik an der Basisdemokratie aus meiner Sicht noch härter ausfallen könnte.
Diese Probleme hat jeder gesellschaftlich oder politisch aktive Verein. Sicher kann man alles zerreden, ich war auch jahrelang politisch aktiv und habe die zermürbenden Geschäftsordnungsdebatten mitbekommen. Aber eine strikte Top-Down Organisation wo einige wenige etwas vorgeben kann es m. E. auch nicht sein.
Sehe ich nicht so.
Direkte Demokratie ist wichtig bei Organisationen, denen man ausgeliefert ist, ob man will oder nicht -- insbesondere Regierungen. Bei den meisten anderen Organisationen ist man dagegen nicht gebunden: Wenn die Entscheider tatsächlich arg unangemessen handeln, kann man halt stattdessen eine andere Organisation unterstützen.
Das gilt zum Beispiel bei freien Software-Projekten, von denen ja viele von einem oder wenigen Entscheidern gelenkt werden. (Allen voran Linux.) Sie sind wesentlich effizienter, da weniger Mühe mit unwichtiges Sachen verschwendet wird (Bikeshedding); und wenn man sich mit den Entscheidungen absolut nicht abfinden kann, steht es einem immer noch frei, das Projekt zu forken, um eine (hoffentlich) bessere Alternative zu bieten.
Nicht anders ist es bei politisch aktiven Vereinen.
Zur "Digitalen Gesellschaft" und anderen netzpolitischen Vereinigungen (FoeBuD usw.) möchte ich noch anmerken, dass mir diese zu einseitig auf unmittelbar politisch realisierbare Forderungen ausgelegt sind bzw. dass diese nicht zu Ende gedacht sind. Sicher ist es m. E. richtig und wichtig sich gegen VDS und Netzsperren zu wehren. Wenn es aber z. B. um freie Software geht äußern sich diese Vereinigungen kaum bis gar nicht. Freie Software ist aber die Voraussetzung für eine freie "Digitale Gesellschaft".
Dazu sage ich immer gerne: Keiner kann die Welt alleine retten. Natürlich gibt es viele Sachen, die schlecht sind; aber jeder kann sich nur auf eine oder wenige konzentrieren, die er persönlich in Angriff nimmt.
Ich finde es weder nötig noch sinnvoll, dass jeder Verein, der irgendwas mit digitaler Freiheit zu tun hat, gleich auch alle verwandten Themen abdeckt. (Dann wären die meisten schlicht überflüssig...) Es ist viel effektiver, sich jeweils auf einen speziellen Aspekt zu konzentrieren. So kann man eine breite Koalition von Leuten bilden, die einen Konsens zu dem speziellen Thema bilden, auch wenn sie in anderen vielleicht ganz unterschiedlicher Meinung sind.
Ich finde es immer sehr nervig, wenn Leute eine Bewegung mit anderen Themen in Verbindung bringen. (Auf #gnu habe ich von Antikapitalismus über Pazifismus, Globalisierungskritik, bis hin zu veganer Ernährung(!) schon alles mögliche erlebt...) Wenn ich freie Software unterstütze, heißt dass noch lange nicht, dass ich zum Beispiel an Anarchismus in der Politik glaube. Wenn ich gegen Atomkraftwerke protestiere, heißt dass noch lange nicht, dass ich mir Gedanken über Atomwaffen mache oder machen will. Mit einigen dieser Sachen mag ich übereinstimmen; mit anderen nicht. In jedem Fall haben sie aber jeweils nichts damit zu tun, warum ich auf einem GNU-Channel oder auf einer Anti-Atomkraft-Demo bin. Solche Verflechtungen schaden den jeweiligen Bewegungen nur.
(Anders ist das bei Parteien, die von ihrer Natur her natürlich breiter angelegt sein müssen... Aber das ist der FoeBuD nun Mal nicht.)
-antrik-