Thomas Koch thomas@koch.ro schrieb:
Vorher noch die versprochene Schlagfertige Antwort auf die Frage, was denn wäre, wenn Microsoft meine Freie Software nähme und verkaufen würde:
a) Wie sollte Microsoft eine Software verkaufen, die jeder kostenlos im Internet herunterladen darf? Microsoft müsste sich also schon etwas ausdenken, wofür jemand bereit wäre Geld zu bezahlen.
Du argumentierst hier damit, dass Microsoft einfallslos sei, nach dem Motto: "Ich kann mit nicht vorstellen, wie man mit einem frei verfügbaren Gut Geld machen kann, also schafft es auch Microsoft nicht." Solch eine Argumentationslinie ist vielleicht schlagfertig, aber nicht sehr überzeugend.
Zumal es durchaus Leute gab, die es geschafft haben, Freie Software überteuert zu verkaufen - besonders prominent ist der Fall bezüglich OpenOffice. Dazu gab es erst kürzlich einen Thread auf dieser Liste, vielleicht hilft der Dir weiter?
b) Angenommen, durch Microsofts bemühungen wird meine Freie Software (auch unter anderem Namen und leicht modifiziert) tatsächlich populär, dann
b1) Kann ich mir Änderungen nehmen, die Microsoft vorgenommen hat und wieder in meine Version integrieren, profitiere also von Microsofts Arbeit.
Das gilt erstmal nur für Copyleft-Lizenzen, also "virale" Lizenzen. Dies ist nicht verkehrt, aber man sollte darauf hinweisen, oder von vornherein die Fragestellung auf Copyleft- oder gar nur GPL-lizensierte Software einschränken.
Außerdem: Was ist, wenn Microsofts Änderungen gar keinen einen Mehrwert darstellen. Was ist, wenn stattdessen nur eine Spyware mit eingebaut wird? Oder ein nichtportables Feature, das nur in der Windows-Version der Software funktioniert.
(Auch das wäre IMHO kein Problem, aber man sollte begründen, warum das kein Problem ist.)
b2) Hat Microsoft eine große Benutzerbasis geschaffen die mir jetzt alle als potentielle Kunden für Supportdienstleistungen zur Verfügung stehen.
Was ist, wenn Microsoft Dich von dem Produkt verdrängt, indem sie allen Kunden erfolgreich einreden, man könne nur von Microsoft ernsthaften Support für das Produkt erhalten?
Bedenke: Auch bei proprietärer Software ist Microsoft sehr gut darin, andere vom Markt zu verdrängen, indem es deren proprietäre Software einfach nachbaut. Bei Freier Software müssen sie es noch nicht einmal nachbauen.
b3) Vielleicht fange ich aber auch einfach an, bei Microsoft zu arbeiten (rein hypothetisch natürlich!), denn ich bin ja der beste Experte für die von mir entwickelte Freie Software, die Microsoft vertreibt.
Was aber eine ebenso große Gefahr sein kann, da Dich Microsoft dann z.B. dazu zwingen (oder Dich entsprechend kaufen könnte), um die Software im nächsten Schritt proprietär zu machen.
(Auch hier gibt es übrigens einen einfachen Schutzmechanismus, den man allerdings erwähnen sollte.)
- Ich kann auch
jederzeit wieder kündigen und dann sogar die Weiterentwicklungen, die ich im Hause Microsoft an meiner Freien Software gemacht habe, weiter benutzen. Denn die ursprüngliche Lizenz gilt auch für alle abgeleiteten Werke.
Der Arbeitgeber hat grundsätzliche Rechte an allem, was Du in deiner Arbeitszeit leistest. Du müsstest einen expliziten "Freibrief" bei Microsoft durchsetzen, z.B. in Deinem Arbeitsvertrag, damit das anders wird.
Im Zweifelsfall würde das nicht bedeuten, dass Du die Änderungen nutzen darfst, sondern dass _niemand_ die Änderungen nutzen darf, also Deine gesamte Arbeitszeit bei Microsoft "verschwendet" wäre. (Naja, zumindest hast Du Geld dafür erhalten. :-))
Gruß Volker