Hallo Christian, hallo Liste(n),
* Christian Selig christian.selig@bnv-bamberg.de [20020422 17:16 +0200]:
Stefan Meretz wrote:
Eine freundliche Denunziation;-) Ich oute mich also als Nicht-Kenner: Bei Freier Software geht es darum, Geld, Bezahlung und Eigentum abzuschaffen - und zwar unabhängig vom Wollen der Beteiligten. Ich habe das Argument schon mal genannt: Die GPL suspendiert eine zentrale Vorbedingung für die Verkaufbarkeit (die Warenform): die Knappheit.
Bei Freier Software geht es garantiert nicht darum, Eigentum abzuschaffen. Bis auf ein paar extremistische Spinner wird kein Mensch das Recht auf Eigentum bestreiten. Was viel mehr der Fall ist, dass Du auf eine Sapir-Whorf'sche Sprachmine getreten bist: "Eigentum" und "Software" im gleichen Atemzug zu nennen, führt zu falschen Vorstellungen. Die Begrifflichkeit "Eigentum" gehört zwangsläufig zu etwas Knappen und hat mit Software gar nix zu tun.
Von welcher Art ist denn für Dich der Begriff "Eigentum", wenn Du von einem "Recht" auf dieses redest. Ist er ein "natürlicher Umstand" oder ein Legalismus, etwas von Menschen geschaffenes?
Wenn Du schreibst, dass der Begriff "Eigentum" und Software nichts miteinander zu tun haben, bist Du damit sicherlich in den Augen vieler schon ein "extremistischer Spinner". Alle diejenige nämlich, die von "geistigem Eigentum", das sich auch auf Software wie überhaupt jede menschliche Regung erstrecken soll, reden, hielten Deine begrifflichen Probleme sicherlich für irrelevant. Im besten Fall ...
Du hast ja Dein eigenes Argument im letzten Satz abgewürgt: Die GPL verursacht die Aufhebung der Knappheit, also ein Legalismus, kein natürlicher Umstand. "Eigentum auf Ideen" ist eine juristische Konstruktion, keine natürliche Gegebenheit.
ACK. Aber warum soll es beim Recht auf Nicht-Ideen etwas grundsätzliches anderes sein?
Übrigens bin ich nicht der Meinung, dass die GPL die Aufhebung der Knappheit verursacht. Sie stellt ein legalistisches Konstrukt zur Verfügung, dass die rechtlichen Mittel der westlichen Gesellschaften in einer so nicht vorgesehenen Weise anwendbar macht: Statt Copyright eben Copyleft.
Die Nichtknappheit der Software jedoch ist unabhängig von ihrer Lizensierung unter der GPL der Fall. Software, Ideen, Pläne etc. sind nicht knapp, einfach weil sie als Bytes beliebig und verlustfrei kopierbar sind. Dass die GPL nötig ist, um diese faktisch existierende Nichtknappheit auch gegen widerstreitende Interessen verteidigen zu können, ist noch kein Hinweis auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen GPL und Nichtknappheit. In einer Freien Gesellschaft, in der z.B. Ideen wie die des "geistigen Eigentums" als die Absurdität erkannt werden, die sie sind, bestünde kein Bedarf für die GPL.
Ich glaube, uns fehlen die Worte, um das richtig auszudrücken, was wir denken. Wir stecken sprachlich noch tief und fest in den materiellen Angelegenheiten.
Und, BTW, in der Sprache der Verwertungslogik.
Gruß Lutz