On 23/07/18 22:33, Dr. Michael Stehmann wrote:
Am 23.07.2018 um 17:30 schrieb Luc Saffre:

Die Sache mit dem Copyleft sollte aber etwas erklärt werden; das war die
Kurzfassung für Insider.
Leider ist der diesbezügliche Text auf Deiner Seite nicht ganz
problemerfassend. Daher noch ein paar Ausführungen:

Bekanntlich gibt es Computerprogramme - vereinfachend gesagt - in zwei
Formen: als Quellcode und als Binary.

Bei einem beispielsweise lyrischen Text würden die Nutzung und
Verbreitung - auch abgeleiteter Werke - durch eine Aufhebung des
Urheberrechts nicht gehindert.

Anders bei einem Computerprogramm, welches eben auch (nur) als Binary
distribuiert werden kann. Ohne den dazugehörigen Quellcode kann ich es
ohne ganz erheblichen Aufwand weder für eine andere Plattform
kompilieren noch verändern, beispielsweise verbessern.

Ich könnte es allenfalls kopieren und die Kopien verteilen, aber
ansonsten nicht einmal das Programm studieren. Habe ich nur ein Binary,
gehen mir also wichtige Möglichkeiten faktisch verloren.

Selbst wenn ich den Quellcode veröffentliche, kann ich ohne Urheberrecht
niemand daran hindern, von meinem Werk abgeleitete Software lediglich
Binaries zu verbreiten.

Insofern sind die tatsächlichen Gegebenheiten bei Computerprogrammen
wesentlich anders, als bei anderen urheberrechtlich geschützten Werken.

Also gibt es ohne Urheberrecht kein Copyleft, was die Situation der
Nutzer arg verschlechtert.

Gruß
Michael

P.S. Die Situation, dies erklären zu müssen, ist nicht neu. In der
Anfangszeit mussten wir dies auch in Kreisen der Piraten.

Danke für die Ausführungen und sorry dass ich nicht selbst auf diesen Aspekt gekommen war. Oje, jetzt erst wird mir der Umfang des Problems bewusst. Stimmt, deshalb können viele nicht mit meiner Petition einverstanden sein! Deshalb habe ich als Software-Entwickler letzten Endes die BSD und nicht die GPL gewählt!

Ja, das ist der Punkt, wo ich aufhöre, mit Richard Stallmann einverstanden zu sein : ich habe im Gegensatz zu ihm nicht das Bedürfnis, andere daran zu hindern, mein Werk potentiell auch für Dinge zu benutzten, die mir nicht passen. Das ist Sache der anderen Benutzer und ggf die der Polizei.  Aber ich als Autor fühle mich nicht verantwortlich für potentielle unmoralische Nutzung meiner Arbeit durch andere. Mir ist es egal, wenn es auch unfreie Software gibt. Mein Problem ist, dass diese unmoralische Tätigkeit sogar noch vom Staat unterstützt wird.

Und ich finde auch nicht, dass die Situation der Nutzer arg verschlechtert wird, wenn sie nur eine kompilierte Variante eines ursprünglich freien Werks bekommen. Das ist wie mit der Wurst : Kein Endbenutzer einer Wurst will beim Konsumieren derselben wissen, wie die gemacht worden ist. Wenn alle relevanten Details über das Produzieren von Würsten bekannt wären, würden viele Leute Vegetarier. Bei Facebook ist das wahrscheinlich nicht anders.

Ja, ohne Copyright gibt es kein Copyleft mehr. Viele Anwälte müssen dann neue Tätigkeitsbereiche wählen. Aber keine Sorge, es wird immer genug Arbeit geben.

Luc